Chú Cuội (der Mann im Mond)

Chú Cuội (der Mann im Mond)

Vor langer Zeit lebte der arme Holzfäller Chú Cuội in einer Hütte neben dem Dschungel. Er hatte seine Lebtage damit zugebracht täglich kleine Bäume im Wald zu fällen und trockenes Holz zu sammeln, um den Ertrag als Brennstoff auf dem Markt zu verkaufen. Er schnürte das Holz und die Stöcke in Bündeln zusammen und trug sie mithilfe einer langen Stange die er über die Schultern legte nach Hause. An den Enden der Stange befestigte er seinen Ertrag. Da er sehr arm war und kein Geld hatte, um sich einen Ochsen oder Holzwagen zu kaufen, trug er die Bündel stets eigenhändig in die Stadt und zum Markt. Als er eines Tages wieder am Holz sammeln war entdeckte er drei Tiger, die miteinander spielten. Er sah sich um und stellte fest, dass die drei Jungtiere von ihrer Mutter allein gelassen worden waren, da sie wohl auf der Jagd war. Er beschloss kurzerhand, einen der Tiger zu fangen, um ihn auf dem Markt zu verkaufen, da er von dem Erlös einen Ochsen und Wagen für den Transport seines Holzes besorgen könnte. Langsam legte er sein Bündel ab und kroch hinter einen umgestürzten Baumstamm. Während er auf eine Chance wartete, eines der spielenden Tiere zu erwischen rollte der jüngste von ihnen zufällig direkt zu ihm. Schnell packte Chú Cuội den Tiger am Genick und achtete darauf, weder gebissen, noch gekratzt zu werden, da sich das Tier wandte und wehrte. Die Geschwister sahen, was mit ihrem Bruder geschah und versteckten sich ängstlich. Da Chú Cuội dachte, es sei sicher, zu gehen, begab er sich auf den Weg aus dem Dschungel heraus. Doch bevor er auch nur ein paar Schritte hatte gehen können wurde er eines lauten Brüllens hinter sich gewahr. Als Chú Cuội sich umdrehte, erschreckte ihn der Anblick des Muttertieres. So schnell er konnte kletterte Chú Cuội auf den nächstgelegenen Baum, den kleinen Tiger noch immer in der Hand. Doch da er kletterte, schaffte es der kleine Tiger, sich zu befreien, sodass er vom Baum fiel und hart auf dem Boden landete. Von oben konnte Chú Cuội beobachten, wie sich die Mutter einem alten verschnörkselten Banyan-Baum bei einem blubbernden Strom näherte. Sie riss einige Blätter von dem Baum und kaute sie, um sie dem Jungen auf den Kopf zu legen. Zu seiner Überraschung sprang der Babytiger auf und fing an, mit seinen Geschwistern zu spielen, als sei nichts gewesen. Dann führte die Mutter ihre Familie zu dem erlegten Reh, das sie gejagt hatte und alle begannen, zu essen. Als die Tiger gingen, kletterte Chú Cuội von seinem Baum. Aus Neugier ging er zu dem alten Banyan-Baum, pflückte einige Blätter und roch an ihnen. Er fand nicht, dass sie ungewöhnlich rochen, deshalb ging er davon aus, dass die schnelle Heilung des Tigers kein Wunder, sondern lediglich das Erwachen aus dem Schock gewesen war. Doch da seine Neugier nicht ganz gestillt war, nahm er einige Blätter mit sich, um sie Daheim zu studieren. Chú Cuội sammelte seine Axt ein und verließ den Wald. Auf dem Weg zu seiner Hütte sah er einen Toten Hund am Straßenrand liegen. Er erkannte den Hund des Sohnes eines befreundeten Holzfällers und war betrübt bei dem Gedanken, dem Jungen die Wahrheit sagen zu müssen. Als er sich an die Ereignisse im Dschungel erinnerte, kaute er ein wenig auf einem der Blätter und legte sie auf den Kopf des Hundes. Zu seiner Überraschung sprang der Hund auf die Füße, leckte ihm die Hand und rannte die Straße entlang. Als er festgestellt hatte, dass der Baum verzaubert war, eilte er aufgeregt nach Hause. Er holte sein Grabwerkzeug und eilte zurück zu dem Strom im Dschungel, wo der Banyan war. Er grub den Baum aus und brachte ihn zu seinem Haus, um ihn dort neu einzupflanzen. Dann goss er ihn, bis er erblühte und stark wurde. Wochen später stand Tet vor der Tür. Chú Cuội bereitete sich darauf vor, in die Stadt zu gehen und Bündelweise Holz mitzunehmen: Baumstücke mit herrlichen Pfirsichblüten und wundervollen gelben Hoa Mai Blumen. Er wollte einigen Profit auf dem Markt machen, wenn alle mit den Vorbereitungen des Lunaren Neujahrsfests beschäftigt waren. Es war seine liebste Jahreszeit, da dann alle Menschen freundlich und glücklich waren. Als er jedoch die Stadt erreichte war er verwundert: Statt der fröhlichen Gesichter und der geschäftigen Arbeit, durchmischt mit spielenden Kindern, fand er nur Stille und traurige Gesichter vor. Verwundert über die Vorgänge näherte er sich einem alten Mann, der ihm erzählte, dass dieses Land der Tochter des großen Lords aus dem Osten gehöre. Die wunderschöne Frau, die Pflanzen über alles liebte, läge krank im Bett. Doch trotz aller Reichtümer und Bemühungen würde sie Tet nicht überleben. Als Chú Cuội die schrecklichen Neuigkeiten vernahm wurde er sehr traurig. Doch da erinnerte er sich wieder an die Blätter des magischen Baums, die er noch immer in seiner Tasche trug. Da er ihre Macht kannte hatte er auch immer einige dabei. Er hatte damit vielen verwundeten Tieren, kranken Freunden oder auch sich selbst geholfen. Er glaubte, die Blätter könnten auch die Tochter des Lords retten. Deshalb legte Chú Cuội seine Hölzer und Blumen ab und begab sich nach Osten zur Burg des Herrschers. Es war ein langer Weg und er lief den ganzen Tag. Er ging die Stufen hinauf zur Burg und als er schließlich ankam war er müde und staubig. Als die Wachen den dreckigen, barfüßigen Mann in seinen Lumpen draußen stehen sahen waren sie nicht sehr erfreut. Sie hielten ihn für einen Bettler und wollten ihn nicht hinein lassen. Doch Chú Cuội ging nicht. Stattdessen versuchte er den Wachen klar zu machen, dass er die Tochter des Lords heilen konnte. Entnervt schubste eine der Wachen den müden und schwachen Chú Cuội in Richtung Treppe. Er stürzte und verletzte sich am Fuß. Doch als die Wachen sahen, dass Chú Cuội einfach einige Blätter aus seiner Tasche nahm, sie befeuchtete und auf den Fuß legte und dann aufstand, als sei nichts gewesen, erkannten sie, dass Chú Cuội die Wahrheit gesagt hatte und führten ihn eilig zu dem Raum, in dem die Tochter des Lords untergebracht war. Von dem Moment an, als Chú Cuội Nguyet Tien das erste Mal gesehen hatte, war er von ihrer Schönheit bezaubert. Trotzdem nahm er wahr, wie bleich sie war und wie sie stetig schwächer wurde. Da er keine Zeit verschwenden wollte nahm er einige der Banyan-Blätter aus der Tasche, brach sie in Stücke und legte sie dem schönen Mädchen behutsam auf die Zunge. Einen Moment später wurden die bleichen Wangen rötlich und sie öffnete die Augen. Aus Dank für die Rettung seiner Tochter durfte Chú Cuội die Prinzessin heiraten und erhielt einige der Ländereien und Reichtümer des Lords. Mit dem Gold, das ihm geschenkt worden War baute Chú Cuội ein wunderschönes Heim für sich und seine Braut. Er entschied sich dafür, das Haus dort zu bauen, wo er bereits zuvor gewohnt hatte, jedoch ohne den Banyan-Baum zu stören. Nach einiger Zeit war das Haus bereit. Dann nahm er seine wunderschöne Braut mit in sein neues zu Hause. Täglich wurde ihre Verbundenheit tiefer. Beide waren glücklich in ihrem neuen Heim und sie lebten glücklich und zufrieden. Da Nguyet Tien schon immer von der Natur vereinnahmt gewesen war entschied sie sich, ihre liebsten Blumen um das Haus herum zu pflanzen. Chú Cuội stimmte ihr zu, doch ermahnte sie, um den Banyan-Baum nichts anzupflanzen. Monate vergingen und ihr wunderschönes Haus blühte auf, umgeben von den lieblichen Blumen, die Nguyet Tien gepflanzt hatte. Eines Tages, als Chú Cuội in den Wäldern spazierte, wollte Nguyet Tien gerne einige schöne Dalia-Blumen pflanzen. Doch der Garten war bereits voll von Blumen, bis auf die Gegend um den Banyan-Baum. In der Gewissheit, dass ihr Mann es verstehen würde bepflanzte sie die Umgebung des Baumes, doch achtete sorgsam darauf, den Baum nicht zu verletzen. Doch sie rutschte ab und die Schaufel zerschnitt eine der Wurzeln des Banyan-Baumes. Zu ihrer Überraschung ächzte der Baum vor Schmerz laut auf, weshalb sie erschrocken zurück sprang. Der gepeinigte Baum warf sich von Seite zu Seite und zerriss eine der Wurzeln nach der anderen und stieg zum abendlichen Himmel empor, wo der volle Mond stand. Chú Cuội hörte die Schreie seiner Frau von weit weg und rannte so schnell er konnte aus dem Dschungel. Doch gerade, als er das Haus erreichte sah er, wie sein liebgewonnener Baum seine letzte Wurzel aus dem Boden riss. Er griff schnell nach der Wurzel und versuchte, den Baum zurückzuziehen. Doch der Banyan war viel zu stark für ihn und stieg weiter dem Himmel entgegen, während der junge Mann ihn weiterhin festhielt. Da der Baum weiterhin aufstieg und sich Chú Cuội weiterhin an ihm fesdthielt, bemerkte er zu spät, dass seine weinende Frau immer kleiner und kleiner wurde und der Hof und das Haus auch immer kleiner wurden. Irgendwann erschien die Siedlung wie eine Ansammlung von Punkten, als sie den Himmel und die Sterne passierten, bis der Baum sich schließlich auf dem Mond niederließ. Dann verwurzelte sich der Banyan auf dem Mond. Dort blieb er und beruhigte sich. Jahre und Jahrzehnte sind vergangen, doch Chú Cuội sitzt noch immer unter dem Baum und sieht hinab auf die Erde und fragt sich, wie er wieder hinunter und nach Hause kommen kann. Bis zum heutigen Tage sieht man einen kleinen Mann auf dem Mond, der unter einem Baum sitzt und Flöte spielt. Es ist der bedauernswerte Chú Cuội, der noch immer hofft, auf die Erde zurück kommen zu können, um seine Frau Nguyet Tien wieder zu sehen.